Barrierefreie Mobilität für Blinde und Sehbehinderte in öffentlichen Gebäuden, an Bus/Bahnhöfen u.ä.

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tunia
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Registriert: 15.08.2020
von tunia » 15.08.2020, 21:06
Moin,

mein Name ist Tunia. Ich habe vor zehn Jahren die KlangSchrift GmbH gegründet. Ein Hightech-Startup aus Greifswald in dem wir gedrucktes für Blinde hörbar machen wollten. Kurz gefasst sollte das so eine Art Alexa werden. Damals war das undenkbar, heute ist es Realität. Wir haben uns damals über genau diese "Unmachbarkeit" als Team letztlich zerrieben und das Unternehmen ist eingeschlafen als das Geld zu Ende war. Das passiert bei high-Tech-Startups öfter.

Ich habe vor zehn Jahren Blindenführhunde ausgebildet und werde im nächsten Jahr einen Blindenfürhund ausbilden (für mich zum Behalten, Vorführen, etc.) mit dem ich mich dann wieder an das Thema barrierefreie Mobilität wagen will. Vor zehn Jahren hatten wir eine handvoll Blinder und Sehbehinderter, die uns bei der Entwicklung geholfen haben, doch die Kontakte sind eingeschlafen und nun fange ich von vorne an.

Ich will versuchen kurz zu umreißen was der letzte Entwicklungsstand war, den wir erreicht haben und an dem uns letztlich die Puste ausgegangen ist: Wir haben hör- und fühlbare "Navigation" innerhalb von Gebäuden entwickelt für die Universität Greifswald. Das Ziel war, dass Blinde/Sehbehinderte ein ihnen unbekanntes Gebäude auch ohne die Hilfe eines OundM-Trainers, bzw. eines Sehenden betreten/erarbeiten können. Die fühlbare Karte für den ersten Eindruck, hinterlegt mit Hörinformationen. Es geht dabei um weit mehr als das, was heute über Satellitennavi möglich ist.

Es ging darum, dass sich ein Blinder bspw. an einer Uni immatrikulieren und anschließend erwarten darf, dass alle Gebäude für ihn barrierefrei werden indem er die Information bekommt wo er welchen Raum finden kann, etc. in einer Beschreibung, die für Blinde geeignet ist und auf die er sich verlassen kann. Ebenso ist das für Behörden sinnvoll oder bspw. Innenstäde oder Einkaufszonen wobei da das ziel ist bspw. in einem ausgewählten Viertel alle Speisekarten hörbar zu hinterlegen inkl. Kurzbeschreibungen der Restaurants inkl. Ambiente, um den Blinden die Möglichkeit zu geben auch alleine ohne Sehenden nicht nur eine Gaststätte auszusuchen und aufzufinden (was heutzutage vermutlich mit der vorhandenen Technik gut möglich ist). Was über das Internet nicht aufzufinden ist, sind kurze Beschreibungen der örtlichkeiten wie Blinde/Sehbehinderte sie bräuchten, um eigenständig gute Entscheidungen fällen zu können (bspw. wie viele Stockwerke hat das Lokal, wie sind diese beschaffen, was gibt es oben, was unten - halt alles, was ein Sehling mit einem Blick erfasst und wo ein Blinder einen guten Helfer braucht, der ihm die Infos gibt, die er will).

Wir haben damals auch an fühl/hörbaren navigationen in Bahnhöfen gearbeitet, die über die Bahn vorab geordert werden können, um so eine räumliche Idee zu bekommen wo welcher Bahnsteig gelegen ist, welche Läden es gibt, halt eine vollständige Blindenkarte inkl. Hören und Fühlen (nur so ist Effizienz möglich, reines Hören ist zu umständlich und reines Fühlen erfasst nicht alle Informationen).

Meine Kinder gehen nun in den Kindergarten und ich kann so langsam aus meiner Kinderpause wieder zurückkommen und frage mich, gibt es für das, was wir damals wollten, noch einen Markt/Interesse? Die Vision war (kurz gefasst): Ein Blinder (vermutlich nur mit einem BFH, ob das "nur" mit dem Stock geht, kann ich gerade nicht so gut einschätzen) kann alleine in den Reichstag gehen ohne die Hilfe eines Sehenden und hör- und fühlbare Raumnavigation bekommen, anschließend im Cafe Käfer einkehren, sich vorher überlegen wo er ggf. sitzen möchte und den Wunsch dem Kellner gegenüber äußern und von der hörbaren Karte ordern - ganz alleine, bzw. ohne Hilfe von Sehenden.

Gibt es Interesse? Falls ja, gibt es Blinde/Sehbehinderte in Hamburg, die Lust haben mich zu treffen und mir ein Update darin zu geben, was mit den vorhandenen Technologien heutzutage möglich ist, welche Bedürfnisse dabei ggf. offen bleiben und ob daraus Potenzial und ein Zugewinn an Lebensqualität zu erwarten ist.

Die Idee ist, dass ich, sofern das Ganze dann sinnvoll ist, als Bindeglied zwischen der Welt der maulwürfe und Sehlingen die Gebäude als Sehende ebenso wie als Nichtsehende unter der Dunkelbrille mit meiner Führhund-Dame in Spe erarbeiten werde. Gibt es aus dem Forum, von den hier lesenden und teilnehmenden Ideen, Einwürfe, Feedback?